Prof. Dr. André Presse ist Stiftungsprofessor für Entrepreneurship und Leiter des grenke Zentrums für unternehmerische Studien an der SRH Hochschule Berlin. Wir freuen uns, dass er im Rahmen des SRH grenke Start-up Festivals für ein Interview zur Verfügung stand.

Herr Prof. Dr. Presse, Sie sind Stiftungsprofessor für Entrepreneurship. Können Universitäten denn tatsächlich Unternehmer produzieren

„Produzieren“ können wir Unternehmer natürlich nicht. UnternehmerInnen-Persönlichkeiten können und müssen sich selbständig entwickeln. Wir können allerdings hierfür sehr gute Rahmenbedingungen schaffen.

Was braucht es aus Ihrer Sicht dazu? Was ist das nächste „große Ding“?

Das sind ja gleich zwei Fragen auf einmal. Also: Einerseits geben wir den Studierenden ein denkbar gutes Rüstzeug für die Gründung und die unternehmerische Selbständigkeit mit. Die wissenschaftliche Forschung produziert international ständig neue Erkenntnisse.  Mit denen lassen sich die Erfolgswahrscheinlichkeiten von Gründungen erhöhen. Die vermitteln wir unseren Studierenden. Zweitens geben wir auch „Tools“ an die Hand, die sich international als besonders hilfreich für Unternehmensgründungen erwiesen haben. Drittens bekommen die Studierenden durch uns und Praxispartner, die wir immer wieder in unsere Vorlesungen einladen, Feedback und Anregungen: Wie sie neue Produkte entwickeln oder bereits bestehende Ideen weiter verbessern können. Viertens schaffen wir eine Community, in der sich Studierende austauschen und unser Netzwerk nutzen können. So knüpfen sie für ihre Unternehmensentwicklung interessante und potenzialreiche Kontakte. Und fünftens können Studierende durch Events wie beispielsweise das SRH grenke Start-up Festival entweder eigene Ideen präsentieren oder einmal miterleben, worauf es bei der Präsentation und Weiterentwicklung ihrer Ideen ankommt. Das Coaching durch ausgewählte Mentoren beflügelt oft nicht nur die Unternehmerinnen und Unternehmer, sondern auch Studierende. Zu den Mentoren zählten dieses Jahr neben Wolfgang Grenke auch Viktoria Frister, Absolventin der SRH und Gründerin von Fleurs de Paris, und Philipp Hartmann, Gründer von Rheingau Ventures.

Vorhersagen über das nächste „große Ding“ sind natürlich nicht ganz so einfach, sonst würden mehr Wissenschaftler mit ihren Prognosen richtigliegen. Es gibt derzeit viele sehr interessante technologische Entwicklungen. Ich vermute, dass wir in den Themenfeldern Digitalisierung, etwa Industrie 4.0 oder auch Blockchain, und im Zusammenhang mit den Themen Mobilität, insbesondere E-Mobility und autonomes Fahren und vielleicht demnächst auch Fliegen erleben können. Bei Gesundheit werden wir große neue Märkte entstehen sehen, in denen viel Raum für verschiedenste Geschäftsmodelle sein wird.

Wie ticken Gründer 2019? Und welche Unterschiede gibt es zu Gründern vor 10, 20 oder 30 Jahren?

Eine sehr schöne und zugleich schwierige Frage. Was alle eint, ist – glaube ich – die Suche nach einem selbstbestimmteren Leben als sie es im Rahmen einer klassischen Anstellung erwarten könnten. Was viele übersehen ist, dass der Wille der Kunden hier genauso tonangebend ist wie bei einer „Linienkarriere“. Es kommt immer darauf an, die Kundenbedürfnisse in den Blick zu nehmen, möglichst mit mathematischer Genauigkeit. Mein Eindruck ist, dass Gründerinnen und Gründer das heute besser im Blick haben als vor zehn oder zwanzig Jahren.

Warum hinkt Deutschland bei der Gründungsquote immer noch hinterher?

Die Rahmenbedingungen für Gründungen haben sich, auch dank sehr guter öffentlicher Förderung, in den vergangenen Jahren stark verbessert. Gleichzeitig ist durch die gute konjunkturelle Entwicklung auch der klassische Arbeitsmarkt so attraktiv, dass nach wie vor viele potenzielle Gründerinnen und Gründer das mit einer Gründung verbundene erhöhte Risiko scheuen.

Sie sind selbst Gründer von drei Unternehmen und Mentor für mehrere Start-ups. Was ist Ihre Motivation?

Ich habe die Arbeit in den eigenen Unternehmen und die Mitwirkung bei Gründungen als so erfüllend empfunden, dass ich dieses Lebensgefühl gerne an die nächste Generation weitergeben möchte. Ich möchte ihnen dabei helfen, vermeidbare Fehler zu vermeiden und Chancen zu nutzen.